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Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Druckversion

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Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Rhodophilos - 25.02.14

Nachdem ich die letzten zwei Tage viel mit "Sightseeing" in der Nachbarschaft, im Nachbarort und in der näheren Umgebung verbracht habe, packt mich doch der Ärger:
An vielen Stellen sind aus bestehenden (von den neu angelegten Gärten mal zu schweigen) Gärten grade alte Gartenblumen völlig verschwunden, ebenso wie einigermassen robuste Exoten und schon lang eingeführte Neophyten...
Bartiris habe ich so gut wie gar nicht mehr gesehen(ich glaube zwei oder drei Horste in gefühlt tausend Gärten), Taglilien sind Mangelware, Rosen gibt es in alten Beständen noch häufiger, in den neueren Garten teils wenig bis gar nicht. Magnolien sind irgendwie recht selten geworden und Flieder gibt´s fast gar nicht mehr.... Von Wildstauden und Blumen(die teilweise natürlich noch nicht sichtbar sind) mal zu schweigen. Ähnliches gilt für Obstgehölze...
Camelien scheinen im Übrigen hier am Ort aus der Mode zu kommen und Rhododendren beginnen "unmodisch" zu werden...
Dafür rollt eine Welle aus Straucheibischen, Euonimus und Buchskugeln, begleitet von Rindenmulch und Split über die Gärten, von den nahezu allgegenwärtigen Thujen mal abgesehen. Rasenflächen gibt's ohne Ende in den Gärten hinterm Haus, dazu Holzterassen und gepflasterte Vorgärten bis zum Erbrechen und, wenn Stauden gepflanzt werden, dann das Standardangebot an Bodendeckern á la Waldsteinie, Storchschnabel und Co., damit möglichst alles schön abgedeckt ist. Nicht zu vergessen den achso trendigen Bambus und Gaura und Konsorten...
Insgesamt zeigt sich eine große Vereinfachung, sowohl in Gestaltung der Flächen, als auch in der Auswahl der Pflanzen. Ich wundere mich derzeit nicht, dass es hier seit Jahren kaum noch Honig- oder Wildbienen zu beobachten gibt. Auch die Schmetterlinge machen sich sehr rar.


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - orania - 25.02.14

Am schlimmsten sind diese missverstandenen "Kiesgärten" mit abgespecktem Zen-Feeling. Bei einem Besuch in einer süddeutschen Kleinstadt letztes Jahr, war ich entsetzt: nahezu jeder Vorgarten war mit Miniatur-Nadelbäumchen in schwarz-weissen Kiesflächen-Kompositionen verunstaltet. Anscheinend wurde hier darum gewetteifert, wer den saubersten und unnatürlichsten Garten hat. Warum denn dann die Pflanzen nicht gleich in "echtem Plastik"? Das sieht immer adrett aus und man spart sich dann endlich auch jegliche weitere Pflege.


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Märzhase - 25.02.14

(25.02.14, 16:00)orania schrieb:  in einer süddeutschen Kleinstadt

Das war nicht zufällig mein Wohngebiet in HDH? :angel: In meiner Straße wurden im letzten Jahr mehrere Gärten "aufgelöst" und wieder "neu angelegt" mit fürchterlichen Ergebnissen. Kies- und Steingärten, Gehölze mit Extrem-Formschnitt, in einem Garten lehnt sogar ein Rechen am Haus für das Zen-Abteil.

Ein reiner Rosengarten wird gerade plattgemacht (nein, ich hab die Rosen nicht retten können, sie sind von heut auf morgen komplett verschwunden. Wahrscheinlich morgens rausgerissen und gleich weggefahren in den Wertstoffhof :no: )
Die anderen, soooo schönen großen Gärten sind auch nur "Rasen" bzw. das, was davon übrigbleibt, wenn man nur mäht. Am Zaun ein paar Sträucher oder Tannen gepflanzt, ein bisschen Deko (zwei Hirsche aus Weidenholz, häh?? ), hier und da mal eine Rose.

Also ein wirklich trostloser Anblick im Sommer, so ohne bunte Blumen... aber auch die Blumenwiesen aus meiner Kindheit sind verschwunden. Das waren zwar auch "nur" noch Butterblumen und Seifenkraut und Löwenzahn und Klee... trotzdem waren es Blumen. Heute ist es nur noch Gras.


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Rhodophilos - 25.02.14

Beim Gang nach dem Kurzeinkauf im Ort durchs nahe gelegene "Einfamilienhausghetto" überkam mich wieder das Grauen: Kirschlorbeer und Cotoneaster, die sich lustig in den Anpflanzungen am Straßenrand versamt haben und überall nackter zertretener Lehm.
Dazu dann endlose Hecken aus Thujen oder eben Kirschlorbeer. Und teilweise Heckenmyrte als Buchsersatz( die sich auch versamt :w00t: :w00t: ).
Und die paar Stellen, von denen ich dachte, da ständen noch Stauden, da war nichts mehr! Und gerade in der Ecke stehen auch fast keine Frühblüher, dafür Efeu, grauer Schotter an mehreren Stellen(offensichtlich brandneu angelegt...) und plattierte Vorgärten soweit das Auge reicht. Und überall hohe Nadelgehölzhecken. Und das Ganze auf handtuchgroßen Grundstücken!
Ich frag mich ehrlich, wie man so wuchtige Hecken pflanzen kann, da bleibt für nichts anderes mehr Platz!
Was mir auch auffällt, ist, dass an mehreren Stellen, die Thujen absterben. Sang- und klanglos. Die Vermutung, dass es an schädlichen Bodenpilzen liegt, möchte ich nicht grundsätzlich bezweifeln, aber so wie der Boden hier aussieht, liegt es eher an der Abwesenheit von Bodenlebewesen... Ersetzt werden die Hecken dann meist durch Kirschlorbeer oder häßliche Baumarkt-Beton-Fertigteil-Mauerelemente oder den typischen Billigholzzaun. Und das Pflaster sieht meist ähnlich hochwertig aus... Richtige Wildpflanzen siedeln sich da kaum freiwillig an. Irgendwie versamt sich da fast gar nichts. Schrecklich!


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Olivia Green - 25.02.14

Hört sich ja grauenvoll an, entspricht aber zeimlich den Anfragen, die ich immer lese.
"Wir haben uns ein Haus gebaut, jetzt kommt der Garten dran. Wie krieg ich den blickdicht, welcher Rasen wächst trotz Hund und drei Kindern unter einem Baum auf der Nordseite?" und dann ist schon Schluß.
Ähnlich die Gartenübernahmen. "Wir waren schonmal mit dem Freischneider drin, was sollen wir jetzt pflanzen.."
Von diesen Leuten beschäftigen sich nur sehr wenige langfristig mit einem schönen interessanten Garten. Meistens sind sie schnell wieder weg.
Leider hab ich keinen in der Nähe den ich ab und zu mit Seed-Bombs beglücken könnte.


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - mulchmann - 25.02.14

Na ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Die vielen Steine sind doch richtig ordentlich anzusehen. Und die niedlichen kleinen Bäumchen repräsentieren doch was. Da kann sich einer solchen SCHEI... leisten.
Wer will denn heute noch den Terrorangriff des Herbstlaub ertragen ?
Mich stört nur die Inkonsequenz der Leute, warum die statt echtem Rasen mit Düngen und Gießen nicht gleich auf den dauergrünen Teppich umsteigen. Wer die großen gelben Rapsfelder als schön empfindet, der kann doch garnicht anders als Ordnung in seinem Umfeld schaffen.

Die meisten Menschen sehnen sich nach einfachen Lösungen und der Baumarkt bietet gegen Geld eine große Auswahl davon... Warum also nicht zugreifen, alles im Sinne unseres gesellschaftlichen Grundprinzips - K O N S U M und W A C H S T U M


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - lavandula - 25.02.14

(25.02.14, 15:22)Rhodophilos schrieb:  Nachdem ich die letzten zwei Tage viel mit "Sightseeing" in der Nachbarschaft, im Nachbarort und in der näheren Umgebung verbracht habe, packt mich doch der Ärger:

Aber von den meisten Stauden findest Du doch jetzt noch gar nichts, besonders, wenn Du von außen guckst! Ich habe viele Staudenbeete, noch nicht abgeräumt, das meiste lässt sich (Gott sei Dank) noch Zeit.
Und es sieht wirklich nicht überall in Gärten so aus zum Glück.

Aber ich verstehe auch, dass viele Familien heute nicht mehr so viel Zeit mit Gartenarbeit verbringen wollen und können. Und wenn man alles wachsen lässt, was wild kommt, ist es auch nicht gerade schön anzusehen.:no:

Aber ich rede hier gewiss nicht für sterile Gärten. Wer meinen Garten von Bildern her kennt, weiß, was hier durcheinander wachsen kann.


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Rosenresli - 25.02.14

Zum Glück wohne ich in einem durch Landwirtschaft und Weinbau geprägten Dorf und dementsprechend gibt es in vielen Gärten noch allerei Bauerngartenpflanzen und Stauden. Aber auch hier sind inzwischen solche "pflegeleichten" Gärten zu finden. Mein Garten ist beileibe kein Vorzeigegarten, aber es gibt viele Blumen, Kräuter und Heilpflanzen und ich achte auch auf Vogel- und Insektennährpflanzen. Einen Hühnerauslauf gibt es ebenso. Manchmal wünsche ich mir auch einen durchgestylten Garten wie in diversen Gartenzeitschriften, aber eure Posts haben mich jetzt doch nachdenklich gemacht. Danke dafür!
LG
Susanne


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Rhodophilos - 25.02.14

Das Problem des hiesigen Wohngebietes ist, dass hier jahrelang bedenkenlos Einfamilienhäuser hochgezogen wurden und vorher nichts anderes als intensiv genutzte Ackerflächen und ein bischen Gewerbe(und auch eine Lackfabrik...) vor Ort war. Rundherum ist immer noch Acker und Richtung Ortskern trennt eine alte Bahnstrecke diesen Ortsteil ab. Ursprünglich war es halt grüne Wiese ohne viel richtige Natur. Und selbst davon hat sich ein Teil der Siedlung noch sehr weit entfernt...
Richtung Wald und bei den alten Höfen sieht´s deutlich besser aus. Dort gibt es noch ein wenig mehr "Natur" und Vielfalt... Trotzdem war es gerade heute sehr erschreckend, da sich das hiesige Neubaugebiet im letzten halben Jahr deutlich verschlechtert hat. Von ein paar positiven Gegenbeispielen abgesehen.
Erschreckend vermutlich für mich auch deswegen, wo ich doch seit zwei Jahren sehr bemüht bin, den Garten hier schöner und vielfältiger zu gestalten und dank Ausbildung und Arbeiten nicht so recht dazu gekommen war, den Prozess vor Ort bewusst wahrzunehmen. Und jetzt die paar Tage Urlaub haben es mir deutlich zu Bewusstsein gebracht.


RE: Biodiversität und "moderne" Gärten - Ein Trauerspiel - Salvia - 25.02.14

(25.02.14, 20:24)mulchmann schrieb:  Mich stört nur die Inkonsequenz der Leute, warum die statt echtem Rasen mit Düngen und Gießen nicht gleich auf den dauergrünen Teppich umsteigen.
Ein Ulmer ist da sehr konsequent. Bei dem liegt so ein scheußlich grünes Plastikrasenteil in der Auffahrt. :w00t: Sinn und Zweck entzieht sich meiner Kenntnis.