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Schneekatastrophe 1978/79 - Druckversion

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RE: Schneekatastrophe 1978/79 im Norden - Acinos Arvensis - 17.12.20

als fahranfänger war ich natürlich entsprechend unerfahren. hatte meine fahrstunden zwar den winter über gemacht, aber kein fitzelchen schnee in sicht solang ich den unterricht hatte und eventuell vom fahrlehrer ein paar hilfestellungen hätt mitnehmen können. und dann - die tinte auf der pappe war nicht nicht mal richtig trocken, schneite es wie blöde, die strassen waren gewissermaßen nicht mehr vorhanden. nur eine geahnte festere weiße masse zwischen riesigen wällen weiterer eisiger massen. es war sowas von beängstigend, bei jedem meter zwischen steckenbleiben oder seitlich abdriften lavieren zu müssen. und das in meiner gegend, wo die straßen nur aus aneinandergereihten gefällen und steigungen mit teilweise 27% bestehen. ausgerechnet in der schlimmsten zeit hatte mein frisch angetrauter urlaub und blieb gemütlich daheim im bett, während ich als neu angestellte arbeitskraft und kinderlos natürlich keinen urlaub bekommen hatte, sondern ran musste. für die 20 kilometer brauchte ich dann entsprechend, um pünktlich um 7 uhr morgens im betrieb zu stehen. das heißt, dass um diese zeit auch noch nicht überall geräumt war, oder schon wieder zugeweht. und ich schwitzte jedesmal vor angst, bis ich die fahrt hinter mir hatte. allerdings war das in der damaligen zeit in unserer region nichts wirklich außergewöhnliches - wir hatten jeden winter solche strapazen. man fuhr morgens nach dem frühsport namens schneeschaufeln im stockdusteren zur arbeit, und kam im stockdusteren wieder nach hause. mit all den verzögerungen und fahrstress. der wurde für mich später noch schlimmer als der arbeitplatz dreimal so weit weg war. ich hatte das gefühl nie mehr das tageslicht zu erblicken, nur noch von einer erkältung in die nächste zu rutschen mein leben schien nur noch aus arbeit und schlafen zu bestehen. mir fiel jeder neue freudlose tag schwerer als der vorherige. ich glaub damals hat sich bei mir die winterdepression entwickelt, die bei mir jedes mal beim ersten schneefall ausbricht.
zum glück sind die winter jetzt nicht mehr so scheiße.


RE: Schneekatastrophe 1978/79 - Angelika - 17.12.20

Ach ja, dieser Winter denkt mir auch noch.

Ich hatte das erste mal Stiefel mit Absätzen bekommen. Die wurden angezogen, egal wie das Laufen ging.

Das war die Zeit, als ich zum Eignungstest in der Firma ging, in der ich später eine Lehrstelle ergatterte. Trotz Bus der aufgrund der Wetterlage Verspätung hatte.

Ach ja und dann noch die Morgen, an denen wir an der Bushaltestelle auf den Schulbus warteten und genau wussten, wenn er um 7:10 Uhr nicht da ist, dürfen wir nach Hause.

Punkt 7:10 Uhr stoben wir davon - aber nicht in Richtung Heim, sondern hinter das Gebäude an der Bushaltestelle und warteten bis der Bus weg war - in der Regel kam er nämlich kurz darauf und hätte uns auf dem Heimweg noch aufgegabelt. Ja, das waren noch Zeiten. 

Ist lange her.

WEnn ich demnächst dann Urlaub habe, hätte ich gerne mal wieder eine kräftige Ladung Schnee. Ich liebe Schneespaziergänge - leider gibt es die bei uns ja so gut wie nicht mehr.


RE: Schneekatastrophe 1978/79 - Catana - 18.12.20

Zitat:Mangel macht erfinderisch, und jeder konnte irgendetwas oder hatte Zugriff auf eine knappe Ressource. Und dann wurden Beziehungen und Verbindungen und Gefälligkeiten getauscht. Und die meisten Waren wurden wohl wirklich unter der Hand gehandelt.

Zumindest an unseren ‘Schmuggel’ kann ich mich lebhaft erinnern und an die Angst unserer Eltern dabei erwischt zu werden. 
Die Zeit wünscht man sich nicht zurück, aber etwas von der Nachhaltigkeit würde uns wirklich gut tun.


RE: Schneekatastrophe 1978/79 - Löwenmäulchen - 23.12.20

Ich kann mich noch daran erinnern, dass alle erwachsenen Dorfbewohner die Straßen im Dorf und die 1 km lange Anbindung an die Fernverkehrsstraße freizuschippen versuchten. Es war kein Durchkommen mehr. Kein Winterdienst.. Ich war damals 10 Jahre alt. Ich erinnere mich, dass wir viel Ski gelaufen sind. Der Schnee lag so hoch, dass wir bei den Kleingärten am Ortsrand über die Dächer der Schuppen und Lauben liefen. Im Konsum gab es kein Brot, die Traktoren, die versucht hatten die 15 km bis zur Stadt zu fahren, kamen wieder zurück. Aber nicht weit von uns gab es eine Anlage der NVA, von da fuhren die Panzer mit Brot in die Dörfer. Und dann kamen die russischen Soldaten zur Hilfe. Fast ausschließlich mit Muskelkraft schippten die die Straßen frei. Ich habe noch Fotos, auf denen man die über 2 m hohen Schneewände sieht. Die "Tunnel" waren vielleicht 2,50 m breit. Zu den Häusern wurden immer schmale Zugänge gebuddelt. Die "Russen" durften ja keinen Kontakt zur deutschen Zivilbevölkerung haben. Aber mit uns Kindern durften sie sich "unterhalten"... Ich weiß noch, dass die Erwachsenen immer hinter vorgehaltener Hand von "den armen Schweinen" sprachen...
Einziger Wermutstropfen war, dass die Schule im Dorf war und wir deshalb hinmussten...
Stromausfall gab es bei uns regelmäßig, da waren wir drauf eingestellt. Wir hatten in allen Zimmern Kachelöfen, im Bad einen Badeofen. Gekocht wurde mit Propangas und in der Küche hatten wir noch eine kleine Kochmaschine zum Anfeuern. Im Herbst wurde der Keller mit Kohlen und Feuerholz befüllt... Klopapierengpässe wurden mit dem ND überbrückt wink
Ich fand das damals spannend smile