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Neues zu Glyphosat
Brigitte
Unregistriert
 
#121
08.12.17, 13:50
(07.12.17, 21:38)Anjoli schrieb:  Dann allerdings: Es ist nicht nur möglich, dass die Flora durch Glyphosat verarmt, sondern sie tut es tatsächlich!

Nicht Glyphosat führt zu Artenarmut. Jede Art der Unkrautbekämpfung führt zu Artenarmut. Selbst Umpflügen oder ähnliche mechanische Bodenbearbeitung.
Artenarmut ist auch genau das, was man durch Beseitigen des Unkrauts erreichen möchte. Und erreichen muß, wenn man hohe Erträge erwirtschaften will.

Wenn Greening nicht vernünftig funktioniert oder durchgeführt wird, wird das doch nicht durch den Wirkstoff Glyphosat verursacht.
Es wäre m.E. dringend nötig darüber eine gesellschaftliche Diskussion zu führen, wie man Ausgleichsmaßnahmen effektiv regeln (und die Einhaltung überwachen könnte).
Aber so eine Diskussion bringt halt niemandem Wählerstimmen, Spendengelder, Klicks, höhere Auflagen oder Einschaltquoten. Oder wie Greenpeace es ausdrücken würde: das ist nicht kampagnenfähig.
Da sollte man auch mal "Cui bono" fragen.

Das Ziel der Glyphosatgegner - eine weltweite Agrarwende, hin zu ausschließlichem Bioanbau- halte ich übrigens (mittlerweile) für einen gewaltigen Fehler.
Nicht zuletzt, weil Bio (bei den meisten Kulturen) viel größere Anbauflächen benötigt, um denselben Ertrag zu erwirtschaften. Wie würde die Landschaft wohl aussehen, wenn alle konventionellen Betriebe umstellen würden und ihre Anbauflächen entsprechend vergrößern müßten?
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Julchen
am See in den Bergen
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Themen: 8
Registriert seit: 08 2011
#122
08.12.17, 14:02
(08.12.17, 13:50)Brigitte schrieb:  Das Ziel der Glyphosatgegner - eine weltweite Agrarwende, hin zu ausschließlichem Bioanbau- halte ich übrigens (mittlerweile) für einen gewaltigen Fehler.
Nicht zuletzt, weil Bio (bei den meisten Kulturen) viel größere Anbauflächen benötigt, um denselben Ertrag zu erwirtschaften. Wie würde die Landschaft wohl aussehen, wenn alle konventionellen Betriebe umstellen würden und ihre Anbauflächen entsprechend vergrößern müßten?

Das halte ich für eine spannende Frage, die vermutlich nur sehr schwer, vielleicht gar nicht zu beantworten ist. Interessante Anhalts- und Diskussionspunkte gibt dieses Buch, das ja schon eine Weile auf dem Markt ist:

https://www.droemer-knaur.de/buch/7768538/food-crash

Aus der Buchbeschreibung des Verlags:

Zitat:In seinem Buch FOOD Crash macht der international angesehene Fachmann für Ökolandbau Felix zu Löwenstein verständlich, dass eine industrielle Landwirtschaft, die auf der Übernutzung von Ressourcen aufbaut, kein Weg zur Lösung, sondern eine Sackgasse ist. Und dass nicht die mangelnde Produktionssteigerung, sondern der verschwenderische Umgang mit Lebensmitteln, die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen sowie mangelnde Gerechtigkeit zum Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems führen.

Eine hypothetische weltweite Umstellung auf ökologischen Landbau kann ja nicht isoliert durchgezogen werden, es würde sehr viel mehr dranhängen. Ich persönlich glaube schon, dass es funktionieren könnte, wenn es denn gemacht würde (auch wenn es sehr lang dauern würde). Aber ich glaube nicht, dass es gemacht wird - diejenigen, die das entscheiden, initiieren und umsetzen könnten, haben keinerlei Interesse daran.

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Anjoli
Weiser Krauterer
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Registriert seit: 06 2017
#123
08.12.17, 18:20
Seht interessant, dieses Thema hier! smile

Brigitte schrieb:Nicht Glyphosat führt zu Artenarmut.
Das ist - eingeschränkt - völlig richtig!

Nicht NUR Glyphosat führt zur Artenarmut, sondern jedes chemische Unkrautvernichtungsmittel. Ich denke nur, inzwischen wird das Wort "Glyphosat" in der breiten Bevölkerung zu einem Synonym für "chemische Unkrautvernichtung", ungeachtet der Tatsache, dass es zig weitere Stoffe gibt, die das Gleiche tun, und überdies Zeug wie Neonicotinoide, die für die Artenvielfalt diesmal der Insekten deutlich schädlicher sind.

Jetzt: Warum führt Hacken und Pflügen NICHT zu floraler Artenarmut? Hacken und Pflügen wird auf dem Acker selbst durchgeführt, nicht auf den Randstreifen. Beim Hacken und Pflügen auf Äckern bleiben die Samen der (Un)-Kräuter aktiv im Boden erhalten.
Glyphosat (und seine Verwandten) werden jährlich mindestens zweimal angewendet. Im Frühjahr vor der Aussaat ( alles was an Wildkräutern keimen könnte, wird vernichtet) und kurz vor der Fruchtreife des Getreides / der Kartoffeln. Die Getreidehalme gehen jetzt ein, die Kartoffelpflanzen auch - und, natürlich, was sonst noch im Boden als Samen lebte und der ersten Behandlung entronnen ist.
Nach fünf Jahren dieser "Kur", ist auf den Ackerflächen, aber auch auf den Randstreifen zu Straßen und Wegen, alles kaputt, was dort einmal als Wildpflanzen lebte. Die 'wilde' Vegetation kann sich auch nicht mehr erholen, weil die Samenreserven fehlen.
Seit 40 Jahren wird Glyphosat nun weltweit angewandt, mit deutlicher Zunahme in den letzten zwei Jahrzehnten.

Zur Ernte des Getreides und der Kartoffeln ( ich kann mich nur darauf beziehen, denn alles andere weltweit kenne ich nicht): Die Körnerstände des heutigen "Turbogetreides" sind so mächtig, dass sie den Halm beim Ausreifen knicken würden. Das ist ungünstig für die Ernte. Also wird kurz vor der Ernte das Getreide getötet, um das Weiterreifen zu hindern, während die Halme noch stehen. Die noch nicht ganz ausgereiften Getreidekörner reifen dann in Säcken nach.
Bei Kartoffeln ist es einfach günstig, wenn das lästige Kraut weg ist, und verblasst und verdorrt am Boden liegt. Dann kann man problemlos mit den richtigen Erntemaschinen drüberfahren und die Kartoffeln ausmachen.

*******
Du hast recht Brigitte, wenn 'greening' nicht vernünftig durchgeführt wird, liegt es nicht am Glyphosat. Für mich liegt das an einer Art "Hintergehmentalität", die von den großen Saatgutfirmen gefördert wird. Man tut gerade das Nötigste, um den Schein zu wahren, und streicht dafür Subventionen ein.
@ Wolfgang:
Klar, könnten die Bauern auch nektarreiche und pollenreiche Pflanzen verwenden ( auch Mohn und Kornblumen) - sie müssten sie sich nur größere Mühe geben, die keimenden Samen im nächsten Jahr chemisch umzubringen. Aber vielleicht gibt es da irgendeine Klausel in den Richtlinien, dass sie es bei Ausgleichsflächen eben NICHT tun sollen?
Sonst macht ihr Gebaren nämlich keinen Sinn. - Und ich habe den Prospekt da, mit den Angaben zu den Ausgleichspflanzen, den Angaben wann was am besten untergepflügt werden soll, bevor es sich aussamt, und der scheinheiligen Überschrift: "Für greening geeigent".

*******
Nochmal @Wolfgang, diesmal thematisch zu den kleineren Bauern:

Ich kenne tatsächlich nur drei davon längere Zeit persönlich, und zwar noch aus der Zeit, als ich im Bergischen Land lebte. ( 1984 bis 2012. Dann zog ich wieder nach Dortmund, und erst seit zwei Jahren wohne ich in der Warburger Börde.)
Jedenfalls, einer dieser Bauern war mein Vermieter, ich lebte dort auf dem Hof, der zweite sein Freund um die Ecke, und der dritte, der Nachbar unten, hatte einen Spielfreund-Sohn im Alter meiner Söhne. Das waren also recht enge Bezüge.
Alle drei hatten sich nicht dem Wettbewerb um Vergrößerung und Subventionen angeschlossen.

Ihr erstes Überlebens-Problem war die Gesetzgebung, sie wurde derart verschärft, dass sie ihre Kühe nicht mehr halten konnten. Es gab auf einmal Auflagen an die Größe der Boxen, an Sauberkeit und Ordnung, veterinäre Vorschriften, wie Milch behandelt und geprüft werden musste. Das konnten sie nicht erfüllen, also gaben sie die Kühe auf.
Weiter ging es zu den Schweinen: Auch hier gab es auf einmal Auflagen.
Das waren DREI alte, gestandene Höfe, okay? Schon die Ur-Ur- Urgroßeltern hatten sie bewirtschaftet.
Nach dem letztgenannten Bauern ist nicht nur eine Bushaltestelle benannt, sondern ein ganzer Landstrich. Dieser hatte die Schweine in weiser Voraussicht von sich aus aufgegeben, den anderen beiden wurden sie vom Veterinäramt fortgenommen. Deren Haltung wurde ihnen verboten, wenn sie nicht die Auflagen erfüllten.
Das hätte aber bedeutet zu modernisieren, die Ställe auszubauen, für Kühe neue Melkanlagen anzuschaffen, kurz: hohe Kredite aufzunehmen! Und genau das haben sie nicht getan.

Sie befanden sich in einer Schere zwischen dem Althergebrachten und den neuen gesetzlichen Anforderungen. Sie waren quasi gezwungen, entweder - gegen ihren Willen und ihre Kapazitäten -ordentlich zu investieren, ordentlich Schulden zu machen, oder kleinkrämerisch einzugehen.
Nun sind sie tot.
Der Spielfreund meiner Söhne ist lieber Arzt geworden, als die Landwirtschaft weiterzuführen. Und die Väter, die älteren Bauern, waren zu alt, um nochmal auf "Bio" umzuschwenken. Mein Vermieter wurde "Marktbauer", er verkaufte auf Märkten Kartoffeln und Kräuter, sein Freund machte einen Hofladen auf, mit Honig und Marmelade und Kuchen, und der dritte, mit dem Arztsohn, ging in eine Regenschirmfabrik als Arbeiter.

Für heute einen lieben Gruß,
Anjoli

Ps: Milch hat eine kleine Zeit noch international funktioniert, der versprochene Segen ( für große Investitionen) aus dem weltweiten Handel mit Getreide aber nicht.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.12.17, 23:58 von Anjoli.)
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Landfrau
Unregistriert
 
#124
08.12.17, 21:41
Zitat:"Greening" ist nämlich eine Nebelkerze!

:lol: Hübscher Ausdruck, aber ich sehe das vollkommen anders. :laugh:
Die sogenannten ökologischen Vorrangflächen, die du hier ansprichst, sind nur ein Teil des 3 Säulen umfassenden Pakets. Ich kann nicht beurteilen, welche Säule am meisten für die Ökologie bringt. Der Schutz des Dauergrünlandes und auch die erhöhten Anforderungen zur Fruchtfolge bringen jedenfalls schon eine ganze Menge. Mehr geht immer, aber aus meiner Sicht ist das ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Für die Vorrangflächen stehen ganz verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Und die einfachste ist tatsächlich die Brache, da wird definitiv kein Saatgutkonzern benötigt. Auch Leguminosen sind anerkannt. Hier in MV noch wesentlich wertvoller sind Heckenpflanzungen und diverse Varianten , um eine ganzjährigen Bodenbedeckung zu erreichen. Diese Varianten haben auch einen höheren Faktor, um sie den Landwirten besonders schmackhaft zu machen.
Dennoch ist bei den Landwirten eher die Zwischenfrucht begehrt, die allerdings mit Auflagen verbunden ist . Aber auch hier stehen dadurch den Insekten im Spätsommer Nahrungsquellen zur Verfügung und im Winter bieten sie Rückzugsräume für Niederwild.
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Unkrautaufesserin
Unregistriert
 
#125
08.12.17, 21:48
(08.12.17, 12:28)Naturgärtner schrieb:  @ Ich habe es schon mal weiter oben geschrieben: Nach meinem Umzug aufs Land fiel mir deutlich die höhere Mißbildungsrate bei Kindern auf, ebenso die Menge an Nachbarn mit Nierenversagen oder Nierenkrebs. Auch Leukämie ist überproportional vertreten.

Wie weit ist das eine subjektive Wahrnehmung? Gibt es darüber amtliche Statistiken?

Nein, amtliche Statistiken gibt es über Behinderungen nicht. Es gibt in Deutschland nicht mal ein Krebsregister.Wall

Unsere Ortsgemeinde umfaßt 14 Dörfer mit insgesamt ca. 5500 Einwohnern. Das reicht, um jährlich 2 Schulklassen zu füllen.
Über die Kinder in der Schule jenseits der Autobahn kann ich keine Aussagen treffen, aber in den 7 Jahrgängen Grundschule, die ich schon erlebt habe, war in jeder Klasse ein Kind mit mißgebildeten Gliedmaßen.
In den 14 Jahren Schulwesen in Chemnitz waren es insgesamt 5 Kinder in 3 Schulen mit Mißbildungen. Der Unterschied ist kraß.

Ich habe jetzt so nach und nach etwa 50 Nachbarsfamilien kennengelernt. 2 Frauen in den Sechzigern sind seit unserem Einzug schon an Nierenversagen gestorben, zu 7 weiteren Familien kommt das Dialysetaxi auch. Wie viele von Deinen Nachbarn werden dialysiert?

Im Jahr nach unserem Umzug gab es eine Typisierungsaktion für einen 25jährigen jungen Mann, der inzwischen an seiner Leukämie verstorben ist. Letztes Jahr war es ein 41jähriger Familienvater, der einen Spender fand. Dieses Jahr suchen sie gleich für 2 Mädchen, eine 12, die andere 17. Wie gesagt, auf 5500 Einwohner...:noidea:

Ich bin nur froh, daß ich mich dem Ansinnen meiner Freundin Moni vehement entgegengestellt habe, die mein Blumenbeet vor dem Bepflanzen erst mal "aufräumen" wollte. Das wäre genau in die Zeit gefallen, in der ich das Fröschlein ziemlich unabsichtlich empfangen habe... :blush:

Liebe Grüße, Mechthild
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Brigitte
Unregistriert
 
#126
08.12.17, 22:02
(08.12.17, 18:20)Anjoli schrieb:  Nicht NUR Glyphosat führt zur Artenarmut, sondern jedes chemische Unkrautvernichtungsmittel. Ich denke nur, inzwischen wird das Wort "Glyphosat" in der breiten Bevölkerung zu einem Synonym für "chemische Unkrautvernichtung",
So sehe ich das auch. Dann darf doch aber die Einschränkung der Artenvielfalt kein Grund sein, einem Mittel die Zulassung zu verweigern, während man andere Mittel erlaubt. :noidea:

Zitat:Hacken und Pflügen wird auf dem Acker selbst durchgeführt, nicht auf den Randstreifen.
Auch Herbizide kann man sehr gezielt und genau einsetzen. Ich denke nicht, daß es unvermeidlich ist, daß der ganze Randstreifen mitbehandelt wird.
Wenn das passiert, trifft das allerdings auch für andere Pestizide zu, nicht nur für Glyphosat. Auch da müßte man dann Regelungen/Gesetze schaffen, die die Randstreifen schützen. Und deren Einhaltung kontrollieren.
Auf welche Weise die Landwirte ein Mittel einsetzen, kann doch kein Grund für die Zulassung sein.


Zitat:Glyphosat (und seine Verwandten) werden jährlich mindestens zweimal angewendet.
Soweit ich weiß, darf Glyphosat höchstens 2x jährlich angewendet werden.

Zitat:kurz vor der Fruchtreife des Getreides / der Kartoffeln. Die Getreidehalme gehen jetzt ein, die Kartoffelpflanzen auch - und, natürlich, was sonst noch im Boden als Samen lebte und der ersten Behandlung entronnen ist.
Das ist in D nicht mehr einfach so, um die Ernte zu erleichtern, erlaubt. Nur, wenn die Ernte ohne diese Behandlung überhaupt nicht eingebracht werden könnte, gibts Ausnahmegenehmigungen.
Man kann darüber streiten, ob es besser wäre, die Ernte auf dem Feld vergammeln zu lassen. (Was übrigens nicht gut zu der Forderung passen würde, so wenig wie möglich Nahrungsmittel zu verschwenden. :undecided:)

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Anjoli
Weiser Krauterer
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Themen: 17
Registriert seit: 06 2017
#127
09.12.17, 02:41
Du, Landfrau, smile
vielleicht ist das bei Dir in Mac-Pomm anders, und wenn, dann würde ich mich aus vollem Herzen freuen!
Was ich hier am Ostrand Nordrhein-Westfalens an greening sehe, ist jedenfalls absolut kein Grund zum Jubeln! Brache, auf umgebenden Feldstreifen? - Hier nicht.
Hecken? Ach, wie gerne sähe ich hier Vogelschutz- und Windfanghecken! Aber sie werden nicht angepflanzt.
Möglicherweise werden die verschiedenen 'greeningstrategien' in den den unterschiedlichen Bundesländern auch unterschiedlich gehandhabt. Ich weiß es nicht. Ich kann nur von dem berichten, was ich vor meiner Nase sehe und direkt mitbekomme.

Ja, natürlich, Brigitte,
müsste man alle Verwandten des Glyphosats und vor allem die Neonicontnamide auch verbieten... Ich sage nur: die breite Öffentlichkeit hat sich auf das Wort Glyphosat eingeschossen, es stellt inzwischen für sie so etwas wie ein Synonym für "Chemie auf dem Acker" dar.
Wenn die breite Öffentlichkeit mehr Namen kennen würde, würden sie auch dagegen rufen.

Und klar kann man Herbizide genau dosieren, das Zeug muss NICHT auf die Randstreifen mit ausgegekippt werden! - Wird es aber. Ich habe lange Zeit angenommen, die Randstreifen besäßen gesetzlich einen gewissen Schutz, genau wegen der Artenvielfalt. Was ich sehe, belehrt mich eines Besseren.
Das sah ich übrigens auch schon in Dortmund. Da wird bewusst gerade die Randstreifenflora durch erneute Spritzungen ( mitten im Jahr) weggekillt, sofern sich dort etwas angesiedelt hat, was dem Bauern nicht gefällt.

Es war die Sache mit dem guten Heinrich und der Melde. Ich habe ja Hunde, jetzt nur noch einen, jedenfalls laufe ich recht viel. Und irgendwo in einer stillen Ecke, neben einem Wäldchen, einem Abfallhaufen, begleitet von Brombeergebüsch, am Rande eines Feldes, sah sich sie: Melden - und guter Heinrich! Wild wachsend!
Hach, was habe ich mich gefreut! Diese Samen musste ich nun nicht mehr tauschen oder irgendwo einkaufen, ich musste ja nur warten, bis sie reif waren!
Glücklich lief ich immer wieder dort vorbei, um mir "meine" Pflanzen anzugucken.
Tja, Pustekuchen. Mitten im Jahr wurde dieser Randstreifen besprüht, und was ich eines Morgens fand, waren sich vor Gift kringelnde, gelbe und verdorrende Kräuter.

Ja, eigentlich darf Glyphosat in Deutschland nur noch zweimal im Jahr auf derselben Fläche, bei dem selben Gewächs, eingesetzt werden. Wenn man sich die Aufteilungen in Winter- und Sommersaat anschaut, haben wir schon 4 mal Glyphosat legal erlaubt auf dem Acker.
Und ob sich an diese Begrenzung gehalten wird, ist wiederum eine Frage.

Und nun, Gegenfrage: Was ist gewonnen, wenn in einem Jahr nur zweimal Glyphosat gesprüht wird oder viermal? Oder sechsmal? Ziel ist die Bekämpfung der Unkräuter. Schreibt die Gesetzgebung zahlenmäßige Einsatzgrenzen vor, wird vielleicht die erste Dosis erhöht? Und was macht es überhaupt für einen Unterschied, wenn ein Acker 40 Jahre lang mit dem Zeug behandelt wurde, ganz wurscht, ob nun zweimal oder viermal im Jahr? Mehr als tot können unsere Beikräuter ja nicht werden!

Ich denke, ich verstehe Dich schon. Du siehst die Sache differenzierter. Du weisst, Glyphosat ist nicht das einzig schädliche Mittel, es wird sich nur gerade daran aufgehangen. Das Verbot von Glyphosat bedeutet eigentlich nichts, wenn nicht noch andere, genauere Regelungen greifen würden.

Aber ich sage es mal so, wie es mit meinem Empfinden übereinstimmt: Wenn in Deutschland das Glyphosat verboten wird, ist das ein erster Schritt, der weitere Aufmerksamkeit und weitere Schritte nach sich ziehen könnte. Die Menschen würden bald aufmerksam darauf, dass es auch andere, Glyphosat ähnliche Mittel gibt, die man auch vermeiden müsste, dass auch die Neonicotinamide fallen müssten...
So ungerecht es vielleicht genau gegen Glyphosat ist, es wäre ein erster Schritt, der Schule machen könnte. Eine erste Hürde der Turbolandwirschaft wäre gefallen.
****
Und ja, ich weiß, Du glaubst nicht daran, dass Bio-Ackerbau auf großen Flächen die Menschen der Erde nähren könnte. Ich auch nicht. Aber es gibt ja Alternativen.
Ausgerechnet die Kuwaitis ( oder waren es die Saudis?) haben damit angefangen:
Mehrstöckige Gebäude mit Glaskuppeln oben, oben wachsen Früchte und Gemüse, unten, auch halbwegs sonnenbeschienen, stehen Schweine und Kühe. Ihr Dung ist Nahrung für die Pflanzen oben, und das, was als Frucht dabei herauskommt, wird tatsächlich als BIO verkauft. Und die Reste der Pflanzen oben, sie nähren die Tiere unten. Die Gebäude sind klimaneutral, sie heizen und kühlen sich selber und produzieren ihren eigenen Strom. Sogar ihr Wasser finden sie selber durch recht einfache Verdunstungstrichter.
Toll finde ich das auch nicht! Aber es ist eine Denkmöglichkeit. Und derer gibt es viele. Vielleicht muss man sich mal ein wenig von alten Denkmodellen lösen.

LG
Anjoli

(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.12.17, 03:14 von Anjoli.)
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Brigitte
Unregistriert
 
#128
09.12.17, 05:30
(09.12.17, 02:41)Anjoli schrieb:  Wenn in Deutschland das Glyphosat verboten wird, ist das ein erster Schritt, der weitere Aufmerksamkeit und weitere Schritte nach sich ziehen könnte.
...
So ungerecht es vielleicht genau gegen Glyphosat ist, es wäre ein erster Schritt, der Schule machen könnte. Eine erste Hürde der Turbolandwirschaft wäre gefallen.

Ich denke auch, daß es darum geht. Um die Durchsetzung des politischen Ziels einer weltweiten Agrarwende. Egal, ob die Mehrheit der Menschen das überhaupt will oder nicht.

Und um dieses Ziel zu erreichen, wird das eigentlich sinnvolle Vorsorgeprinzip gnadenlos mißbraucht.

Dieser Kommentar bringt das ganz gut auf den Punkt. Sein Fazit:

Zitat:Es geht nicht mehr um ein Recht auf etwas Voreiligkeit, sondern um die dauerhafte Durchsetzung eines politisch gewollten Verbots. Und darum, dass keine Studie daran etwas ändern soll. Das BfR und ähnliche Institutionen rund um die Welt könnten übereinstimmend noch so oft sagen, dass von Glyphosat bei bestimmungsgemäßem Gebrauch kein Risiko zu erwarten ist. Das ändert an der ablehnenden Sicht nichts. Weil man sich eh' eine andere Landwirtschaft wünscht und als "wahrhaft neutrale" Wissenschaft nur die anerkennt, die das dazu passende Bedrohungsgefühl gegenüber "Genfood" und Herbiziden bestätigt.

Mit Vorsicht im Namen von Mensch und Natur hat das leider nichts mehr zu tun. Mit ihrer zirkulären Logik und dem Fokus auf Feindbilder sind diese Denkmuster eher das, was wir in anderen politischen Richtungen Populismus nennen. Es ist daher an der Zeit, den guten Kern des Vorsorgeprinzips endlich wirkungsvoller davor zu schützen, durch diese Tendenzen missbraucht zu werden.
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Landfrau
Unregistriert
 
#129
09.12.17, 20:08
Zitat:Du, Landfrau, smile
vielleicht ist das bei Dir in Mac-Pomm anders,

Ich geb dir gleich MacPomm biggrin Aber wer weiß, wie die Zukunft aussieht. Aber bisher sehe ich die High-Tec.Version nicht :laugh: Hübsche Idee, trotzdem :heart:

Aber so unterschiedlich ticken die Landwirte in den Ländern nicht.
Jeder Betrieb legt selbst fest, wie er die ökologischen Vorrangflächen nutzt.
Auch in NRW dominiert ganz klar der Anbau von Zwischenfrüchten und dann kommt Brachland. Etwa hier S. 15
Das spiegelt natürlich auch wieder, dass die Flächen für Zwischenfrüchte nur mit dem Gewichtungsfaktor 0,3 angerechnet werden.
Aus meiner Sicht ist es schon eine ziemlich drastische Maßnahme, dass 5% der Ackerfläche in eine ökologische Vorrangfläche umgewandelt werden müssen. Ob sich daraus der erwartete positive Effekt für die Natur ergibt, muss sich natürlich erst zeigen. Eventuell müssen die möglichen Nutzungsarten auch noch mal verändert werden, aber irgendeine andere „Story“ verbirgt sich dahinter aus meiner Sicht nicht.

Und natürlich ist eine Abdrift von Glyphosat auch auf diese Flächen möglich, aber sonst ist der Einsatz dort untersagt. Und da das Zeug auch nicht billig ist, gehen die meisten Landwirte auch "sorgfältig" :whistling: damit um. Jedenfalls ist das meine Erfahrung hier.
Zitat:Wenn man sich die Aufteilungen in Winter- und Sommersaat anschaut, haben wir schon 4 mal Glyphosat legal erlaubt auf dem Acker.
Und ob sich an diese Begrenzung gehalten wird, ist wiederum eine Frage.
Jeder Landwirt hat ein " Giftbuch "zu führen und auch die Gesamtmenge ist begrenzt. Mal abgesehen davon, dass das kein "ordentliches" landwirtschaftliches Verhalten wäre und auch wenig sinnvoll. Auch wenn es vielleicht manchmal schwer fällt: Die meisten Landwirten lieben ihren Boden, er ist ihre Existenz.

Ich würde mir auch wünschen, dass es ohne Glyphosat geht. Und daher habe ich mir auch mehr von den Glyphosatgegner erhofft. Jedenfalls keine "Studie" , bei der das Analyseverfahren nicht geeignet ist, wie bei dem Test der Muttermilch.
Das Buch von Felix Löwenstein, das Julchen angesprochen hat, finde ich auch lesenwert. Aber da spricht der oberste Marketingdirektor für Bioprodukte und das ist auch nicht zu überlesen. Viele gute Gedanken, viele Fragen bleiben offen.
Ich habe keine Ahnung ,wo überhaupt die benötigten zusätzlichen Anbauflächen herkommen sollten. Wieder Wälder roden? Hatten wir schon mal :crying:
Und seine Aussagen zu einer rein organischen Stickstoffdüngung finde ich auch problematisch.
Und mir hat es auch nicht besonders gefallen, in welch reißerischer Art die konventionellen Landwirte etwa vom BUND regelrecht angeklagt worden sind. Das ist mehr als nur unklug.
Für mich ist die Diskussion daher irgendwie in eine Sackgasse geraten.
Dem Institut für Risikobewertung plötzlich nicht mehr zu trauen, finde ich seitens der Grünen ziemlich abenteuerlich. Wem vertrauen sie denn dann? Einem Mitarbeiter einer Anwaltskanzlei aus USA, die gutes Geld mit Klagen gegen Monsanto verdient? Ich fühle mich da veräppelt und auch allein gelassen seitens der Politik.
Ich denke, es wäre wichtiger die vielen Möglichkeiten dazwischen mehr zu diskutieren. Es würde schon eine Menge bringen, wenn eben mal der Pflug, mal die Untersaat und eben erst im 3. Jahr Glyphosat zum Einsatz käme. Vermutlich gibt es noch andere Möglichkeiten.
Und im Zweifel gilt auch hier Paracelsus !

Brigitte, ob die Mehrzahl der Menschen eine weltweite Agrarwende will, bezweifele ich auch. Und ich weiß auch nicht , was wohl Menschen in Regionen, in denen Hunger wirklich ein furchtbares Problem ist, zu der bei uns geführten Diskussion sagen würden.




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Brigitte
Unregistriert
 
#130
09.12.17, 20:26
(09.12.17, 02:41)Anjoli schrieb:  Ja, eigentlich darf Glyphosat in Deutschland nur noch zweimal im Jahr auf derselben Fläche, bei dem selben Gewächs, eingesetzt werden. Wenn man sich die Aufteilungen in Winter- und Sommersaat anschaut, haben wir schon 4 mal Glyphosat legal erlaubt auf dem Acker.

Woher hast du diese Info?
Das BVL schreibt dazu: "Mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln dürfen innerhalb eines Kalenderjahres auf der derselben Fläche nur noch maximal 2 Behandlungen im Abstand von mindestens 90 Tagen durchgeführt werden"
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