Dodo ist respektlos. Bisher hat er es wohl immer geschafft, sich mit Charme durchzusetzen: auf den Rücken werfen, sich an das Opfer heranwanseln und schon schmilzt es dahin. Ich habe mir das verbeten - und er hat schon am zweiten Tag begriffen, dass er bei mir mit diesem Pseudo-Unterwerfungs-Trick nicht weiter kommt, sondern mich abweisend macht.
Nächste Version des "Ich dressiere mein Frauchen/Herrchen": er macht Sitz und guckt mich mit großen Augen, aufgestellten Ohren und leicht schief gelegtem Kopf erwartungsvoll an. Öhhh? Funktioniert nicht?
Dodo: "Dann spiel ich eben Flummi und schubse sie dabei immer kräftiger an": macht bei mir blaue Flecke und schlechte Laune, tut nämlich weh. Problem: er macht das im Rücken des jeweiligen Opfers, man kriegt ihn nicht schnell genug, wenn man was älter ist. "Lass das!" wie bei Attacke 1 wirkt nicht, weil der direkte Blick fehlt. Ich brülle also betont laut:"Au! Pass doch auf!" Er "Huch? Hab´ ich übertrieben? Oh." - und macht "Sitz!" Das ist regelmäßig entwaffnend: Ich kann ihn doch nicht anschnauzen, weil er brav "Sitz" macht!
Also versuche ich, ihm sofort das Hüpfen zu untersagen, wenn er damit anfängt und die Situation darauf hinauslaufen könnte (!), dass er was von mir will. Denn Hüpfen ist seine hauptsächliche Fortbewegungsart. Ansonsten tue ich seit dem Biss so, als nähme ich keinerlei Notiz von ihm: er ist Luft für mich. Nicht mal sein Futter bekommt er von mir: mein Sohn stellt es ihm hinterrücks hin, wenn Dodo lange genug bei mir um Futter gebettelt hat. Folge: Dodo klebt an mir. Er fleht quasi um Zuwendung, ein leiser Hinweis beim Spazierengehen - der Hund pariert vor-bild-lich. Sagenhaft gut erzogen - wirkt er bei anderen... Misthund! Schon wieder muss ich eine Husse waschen, weil er aus Protest (gestern) drangepinkelt hat - von wegen vorbildlich erzogen!
Aber ein Gutes hat mein Zorn: heute hat er tatsächlich 1,50m Distanz ausgehalten, als ich ihm "Sitz und bleib!" befohlen habe. Bislang berührte der Popo eine Sekunde etwa den Boden, dann hüpfte der Flummi wieder. Offenbar ist bei dem Herrn was von meinem Unmut angekommen... Ich werde durchhalten, Melly: er ist nicht der erste Hund, den ich geknackt habe. Es dauert halt nur - und eine gescheite Hundeschule, wo er in Gesellschaft lernen kann, wäre eine große Hilfe. Ich habe mittlerweile eine entdeckt - aber die ist weit entfernt und kompliziert zu erreichen: irgendwie scheu ich mich noch, weil dieser Weg für mich strapaziös ist - und dann fehlt mir die Kraft für das anschließende Training. Seit dem Sturz nach Ostern hab´ ich halt noch heftig um meine Gesundheit zu kämpfen, - aber es geht teilweise deutlich aufwärts: habe dieser Tage 2 x 6 Waschbetonplatten für die Remisenterrasse gekauft, weil ich die Dinger zumindest in den Einkaufswagen heben konnte. Beim Einladen ins Auto und beim Ausladen zuhause habe ich mir Hilfe geholt, - aber ich kann so ein Teil wenigstens kurzfristig wieder heben. Bin erleichtert.
Am Freitag war ich am Waldrand spazieren. Plötzlich stand ein - noch nicht ausgewachsenes - Reh auf dem Weg. Da dachte ich, jetzt hängt Cassy gleich an der Leine. Aber nein, sie hat dem weglaufendem Reh gelassen zugeschaut. Erst als es im hohen Gras dann rumgehopst ist, wäre Cassy gerne hinter her. Und seit kurzem stranguliert sie sich nicht mehr an der Leine, wenn sie eine Katze sieht. Mit dem Klickergeräusch komme ich meist noch zu ihr durch, selbst wenn sie schon ziemlich aufgeregt ist (verwende ich als Lob, wenn sie z.B. stehen bleibt und kein Zug auf der Leine ist). Oft setzt sie sich dann sogar hin oder hebt ein Vorderbein oder dreht sich zu mir um und holt sich ein Leckerlie ab. Daran wäre vor einem halben Jahr noch nicht dran zu denken gewesen. Mein Mann war vorhin eine kurze Runde mit ihr draußen und sagte, dass auch die Fremdhundekontakte langsam besser werden. Also wir haben noch Hoffnung.
Freitag Abend kam uns ein Mann entgegen und ich habe nicht die Straßenseite gewechselt, hab nur einen großzügigen Bogen gemacht und es war alles gut. Als wir dann heimgekommen sind, stand ein Mann an der Garage (der zu meinem Vater wollte) und auch das klappte echt gut - hab die Leine relativ lang gelassen, somit fühlte sich Cassy nicht eingeengt. Und siehe da, sie lief brav vorbei.
@Inse,
oh je, da hast du auch noch ein ganzes Stück Erziehungsarbeit vor dir. Da können wir uns die Hände reichen. Cassy hat zwar nie vorsätzlich hier reingepinkelt, dafür hat sie fremde Menschen (inkl. Besuch) zum Fressen gern.
@Melly,
deine Kleine ist zuckersüß. Ich würde sie am liebsten vom Foto mopsen
Ach, Teetrinkerin, als ich damals Dux bekam, 12 Jahre und übelst misshandelt und ängstlich, hatte ich auch einen Berg Arbeit vor mir und dem Hund, - aber einem Hund zu helfen, seine Angst zu überwinden und wieder Vertrauen zu Menschen zu fassen, ist sehr viel schmerzhafter als so einen intelligenten Überflieger zu bändigen. Was Dux gelitten hat, tat mir in der Seele weh, jeden Tag neu. Dodo Mores lehren ist dagegen nur Katzenarbeit: dranbleiben und durchhalten. Dem Hund gehts gut.
Ja, das stimmt auch wieder. Hab ja auch schon beim Tierarzt geheult, als auf dem Röntgenbild zu sehen war, dass ihre letzten Rückenwirbel verwachsen sind, was bei so einem jungen Hund auf massive Schläge mit Stöcken zurückzuführen ist. Und ihr Schwanz wurde mitten durch den Schwanzwirbel abgetrennt. Da ist nicht mal mehr ein Stummel da - man nimmt einem Hund dadurch ein Teil der Kommunikation.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel Arbeit ist (wir hatten früher eine Dackelmischlings-Hündin, die von Welpe an bei uns war). Auch wenn es immer wieder in der Seele schmerzt, wenn ich dran denke, was sie durchgemacht haben muss, so sehr freue ich mich drüber, wenn man sieht, was für ein aufgeweckter Hund sie ist, der immer zu einem Schabernack aufgelegt ist.
"Sie war mal im Gemüsegarten gucken..."
- Hat´s da feine Mäuschen, Buddel buddel ?
Als ich vor ein paar Jahren die vier abgehauenen Hunde von der Bundesstraße eingesammelt hatte, hat die Pferdehofbetreiberin, der sie gehörten, die Konsequenz gezogen und Mme. Abhau + Anhang enge Halsbänder besorgt, die GPS-Signale senden, damit sie ihre abgehauenen Hunde tracken kann. Seither hatte sie Ruhe. Vielleicht empfiehlt sich das auch bei Ellie P.?
Oh, das ist wirklich ein Schreck, Melly. Zum Glück alles gutgegangen.
Kann ich nachfühlen, habe anfangs auch öfters den Großen gesucht. Man malt sich ja sofort alle möglichen Katastrophen aus.
Zum Thema Dackel und Löcher kann ich nur beitragen, dass schon mal die Feuerwehr anrücken musste und mit schwerem Gerät die Betontribüne des städtischen Tennisvereins aufwackern musste, weil die Dackel der Freundin da irgendwie rein- aber dann nicht mehr rausgefunden haben........ Das kann einem mit dem Doggenmischling zum Glück nicht passieren.
@Melly,
oh je, ich kann dir das nachfühlen. Unsere Cassy ist in der ersten Woche, als sie bei uns war, mit uns im Garten gewesen. Angeleint. Aber weil sie so viel Temperament hat, ist die Leine gerissen und sie ist abgedampft. Mir blieb das Herz stehen, bin voller Panik hinterher um die Schuppenecke und da stand sie ganz verduzt.
Im ersten Winter ist sie auch mal zur offenen Haustür rausgerannt und die Straße entlang. Glücklicherweise kam sie aber wieder zurück, nachdem Mann und Kinder hinterher sind.
@Vanda,
zu den "special effects": Unser Hund ist glücklicherweise nur 22 kg schwer, sprich, ich kann sie noch halten. Auch wenn ich manchmal echt Müh und Not habe, weil sie eine unglaubliche Kraft hat (was mir schon unsere Trainerin, die weiße Schäferhunde hat, bestätigt hat).
Cassy war echt richtig, richtig schwierig, als sie hier ankam. Sie hatte null Frustrationstoleranzgrenze, null Geduld, war völlig unerzogen, kläffte alles an wie wild, sprang wie wild hoch, wenn ihr was nicht passte (und sie kann richtig hoch springen), sie zog wie irre an der Leine und sie hat Jagdtrieb (darauf komme ich noch). Jedenfalls war Gassi gehen am Anfang ein Spießrutenlauf. Sie kläffte ALLES an, was des Weges kam - ob Auto, Bulldog, Menschen, Fahrradfahrer, Rollerfahrer etc. pp. Ganz schlimm sind Fremdhunde (damit kämpfen wir immer noch). Teilweise sprang sie wie blöd hoch, war in Kopfhöhe von mir. Es war teilweise schrecklich! Und ich habe sie manchmal kaum noch halten können.
Wir haben viel trainiert, hatten auch einige Einzelstunden mit der Trainerin, die viel mit positiver Verstärkung und an einer guten Bindung zwischen Mensch und Hund arbeitet, was halt oftmals auch der längere, aber nachhaltigere Weg zum Erfolg ist. Mittlerweile kann sie Autos, LKWs, Bulldogs, Motorrad- und Rollerfahrer problemlos passieren lassen (an durchhängender Leine). Fahrradfahrer klappen mittlerweile zu 80-90% auch gut, nur wenn Männer in einem Affenzahn an uns vorbeidüsen, muss ich noch managen. Fußgänger gehen mittlerweile auch gut, teilweise muss ich halt die Straßenseite wechseln, aber sie bleibt ruhig dabei (da war sie früher oft völlig außer Rand und Band). Oft guckt sie mich anschließend an und holt sich dann ihr Lob ab, was ich natürlich gerne tue. Einfach weil sie mittlerweile gelernt hat, ruhig zu bleiben, mir zu vertrauen und mit mir zu kommunizieren - das freut mich nach wie vor sehr.
Ein Beispiel von heute morgen: Ein 40-Tonner parkte am Straßenrand, direkt neben dem Gehweg. Wir sind darauf zu und ich wollte vorbei, da ging Cassy in den Rückwärtsgang, duckte sich weg. Also ging ich zu ihr zurück, nahm die Leine kurz, richtete die Schultern auf und ging beherzt mit ihr daran vorbei. Kaum haben wir den LKW passiert, guckte sie mich an, wohl wissend, dass sie es geschafft hat und ein Leckerlie bekommt.
Anfangs hatte sie null Geduld und keine Frustrationstoleranzgrenze. Wenn wir irgendwo gewartet haben (sei es in der Hundeschule oder weil ich mir die Aussicht angeschaut habe - wenn wir z.B auf einer Kuppe waren und gute Aussicht war) oder ich mich mit jemanden unterhalten habe, dann hat sie innerhalb von nicht mal einer Minute angefangen zu kläffen, ist hochgesprungen, hat an der Leine gezogen. Mittlerweile legt sie sich hin und wartet ab, bis es weiter geht. Das hab ich echt viel mit ihr geübt. Wir können nun auch durch den Ort laufen, ohne aufzufallen - das war mir früher oft so dermaßen peinlich, weil sie sich dermaßen aufgeführt hat. Das ist bei ihr so eine Mischung aus Unsicherheit, Ungezogenheit und auch die Lust am Pöbeln. Und manchmal habe ich auch den Verdacht, dass der Vorbesitzer sie "scharf" machen wollte.
Anfangs hat sie gerne Leckerlies, die sie nicht gleich gefressen hat, im Körbchen versteckt und hat dann geknurrt wie blöd, wenn man in die Richtung kam. Auch jetzt bewacht sie gerne Essen, das die Kinder stehen lassen (z.B. ein Stück Pizza oder ein Rest Wurstbrot oder auch nur eine schnöde Alufolie, in der ein Kebab eingepackt war). Aber das wird langsam besser - wir können mittlerweile an ihr vorbeilaufen, wenn sie einen Kauröllchen kaut. Derzeit wird sie nachts angeleint (auf Anraten der Trainerin), weil sie mich gerne morgens angeknurrt hat - mit Nase kraus ziehen und Zähne zeigen. Also sie testet immer wieder Grenzen und da ich die Bezugsperson für sie bin, war unsere Trainerin schon besorgt, als ihr das erzählt habe. Das ist mittlerweile aber besser geworden und sie geht abends auch freiwillig an ihren Platz (sie hat eine Decke, wo wir sie anleinen können, ihr Körbchen steht woanders).
Tja und der Jagdtrieb.... Sie jagd sehr viel und gerne. Von Hasen, über Rehe bis hin zu Tauben, Katzen und kleine Hunde. Gerade kleine Hund ist halt ein großes Problem. Wir haben im Mai ein Anti-Jagdtraining mitgemacht und es ist schon deutlich besser geworden. Vor allem an den Katzen merke ich es, da hat sie sich ja früher fast stranguliert. Teilweise können wir sogar ganz gelassen weiterlaufen. Da bin ich echt stolz, wenn das so gut klappt.
Und Rückruf klappt auch nur, wenn sie will. Da hat sie ihren eigenen Kopf. Glücklicherweise sitzt aber der Umkehrpfiff ganz gut, da muss ich aber noch weiter trainieren.
Besuch ist auch so ein Thema. Also einfach jemand hier reinlassen, ist nicht. Da muss ich viel managen, aber es wird besser. Früher war es gar nicht möglich, sich zu unterhalten, weil sie wirklich durchgekläfft hat. Mittlerweile bellt sie nur noch, wenn der Besuch aufsteht. Teilweise muss ich sie noch anleinen, aber es geht mittlerweile immer öfter ohne Leine. Aber ich muss noch aufpassen wie ein Luchs, weil es sonst sein kann, dass sie den Besuch stellt, was ich gar nicht gut finde und wo sie dann auch einen Anschiss von mir kassiert (da hab ich an mir arbeiten müssen, weil ich sowas gar nicht gut kann. Unsere Trainerin sagte mal, ich bin einfach zu nett). Cassy kennt das Kommando "auf deinen Platz" und befolgt den auch, aber sie steht halt gerne auch wieder auf. Da muss ich immer hinterher sein und aufpassen.
Fremdhunde sind immer noch ein riesiges Thema, aber auch das wird langsam, ganz, ganz langsam besser. Ganz allgemein haben wir echt viel geschafft und es wird immer besser. Aber bis wir alle Baustellen abgearbeitet haben, wird es noch dauern. In meiner Naivität (wir hatten bisher nur eine Dackelmischlingshündin von Welpen an und die war sowas von pflegeleicht) dachte ich, dass wir das alles früher und besser in den Griff bekommen. Aber eine richtig bescheidene Vergangenheit - sie wurde beim Vorbesitzer, der alkohol- und drogenabhängig ist - per Polizei und Ordnungsamt rausgeholt. Sie wurde wohl übelst geschlagen, auf Röntgenbildern hat man gesehen, dass die letzten beiden Rückenwirbel verwachsen sind, was lt. Tierarzt bei so einem jungen Hund auf massive Schläge mit Stöcken hindeutet. Außerdem hat sie keinen Schwanz mehr, der wurde ihr radikal kurz abgeschnitten, mitten durch den letzten verbliebenen Schwanzwirbel. Als sie beim Vorbesitzer rausgeholt wurde, muss sie ein Häufchen Elend und total farbverschmiert gewesen sein. Als sie zu uns kam (wir haben sie aus einem Tierheim übernommen), hatte sie übelste Blasenentzündungen, sie hat nur noch Blut gepinkelt. Weil die Entzündungen immer wieder zurückkamen, hat man dann unter Narkose einen Ultraschall mit steriler Urinentnahme gemacht und die Blase gespült. Dabei hat man festgestellt, dass die ganze Blase voller Blasenkristalle war. Deswegen hat sie ziemlich lange Medikamente bekommen und bekommt nach wie vor Spezialfutter.
Dennoch hat sie sich ihre Fröhlichkeit bewahrt und ist immer für einen Schabernack bereit. Und selbst ohne Schwanz kann sie unglaublich enge Haken schlagen und ihre Emotionen zum Ausdruck bringen. Sie ist total verschmust und würde beim Kraulen am liebsten in einen "reinschlupfen" und ist einfach ein Clown, der einen immer wieder zum Lachen bringt - auch wenn sie einen oft nervt und es Momente gibt, wo man sie am liebsten am nächsten Laternenpfahl anbinden würde.